Dienstag, 18. Februar 2014

Reiche aus aller Welt zieht es nach Spanien

Ausländische Investoren beleben den Immobilienmarkt Von Ute Müller

Sie haben einen exquisiten Geschmack, verhandeln nicht lange über den Preis und zahlen fast alles in bar. Und sie bevorzugen Häuser an der Küste mit direktem Blick aufs Meer. Spaniens Immobilienmakler lieben die russischen Käufer, die in der schweren Wirtschaftskrise nach Kräften helfen, den heimischen Immobilienmarkt zu beleben. Egal ob in Alicante an der Costa Blanca, im katalanischen Tarragona oder auf Mallorca: Von den spendablen Russen, die in großem Stil Luxushäuser von verschuldeten Spaniern übernehmen, wissen selbst die lokalen Gastwirte und Geschäftsleute nur Positives zu berichten. Sie beleben die Konjunktur vor Ort, wie es – von den arabischen Scheichs einmal abgesehen – kaum eine andere Klientel vermag. Sechs lange Jahre lag Spaniens Immobilienmarkt am Boden, nachdem die Blase im Jahr 2007 mit einem lauten Knall in sich zusammensackte. Mehr als 40 Prozent haben die Preise in dieser Zeit nachgegeben.

Doch jetzt ist die Talsohle durchschritten, vor allem die ausländischen Fondsgesellschaften haben ihre Claims längst abgesteckt. "Seit September letzten Jahres findet hier eine echte Revolution statt, jetzt werden die Karten neu gemischt, und jeder drängelt an den Tisch", sagte Mikel Echavarren, Vorstandsvorsitzender des Madrider Finanzberaters Irea, im Gespräch mit der "Welt". "Auf der Speisekarte haben wir etwas für jeden Geschmack", meinte er. Echavarren hat soeben die Deutsche Bank bei einer großen Transaktion in Spanien beraten und den gesamten Sektor im Blick. "Es ist wieder Land in Sicht", jubelte jüngst auch die spanische Tageszeitung "El País".

Als Erste wagten die gewerblichen Immobilienfonds die Rückkehr auf den spanischen Markt. So erwarb ein Investmentfonds aus Katar für 200 Millionen Euro das Hotel "Vela" in der katalanischen Metropole Barcelona, und ein französischer Immobilienfonds, der zur Axa-Gruppe gehört, erstand 13 Gewerbeimmobilien im Wert von 172 Millionen Euro. "Letztes Jahr gab es zu Jahresbeginn gerade einmal ein Dutzend Fonds, die sich für Spanien interessierten. Blackstone und Apollo machten den Anfang, mittlerweile ist ihre Zahl auf über 50 angestiegen", zählt Echavarren auf. "Endlich ist die Risikoprämie gesunken, und die Investoren sehen, dass unser Land doch deutlich stabiler ist als etwa Griechenland oder Portugal", sagte der Manager.

Doch auch Privatanleger sehen sich mittlerweile wieder in Spanien um, darunter auch einige Prominente. Medienberichten zufolge hat sich der französische Multimilliardär François-Henri Pinault mit seiner Frau, der mexikanischen Schauspielerin Salma Hayek, die Finca La Almoraima im südspanischen Cádiz angeschaut. Der Wert des 1400 Hektar großen Anwesens liegt bei 300 Millionen Euro. Neben Pinault, dessen Vermögen auf sieben Milliarden Dollar geschätzt wird, soll sich auch ein Dutzend weiterer ausländischer Investoren für die Finca interessieren. Noch befindet sich die "Almoraima" im Besitz der spanischen Regierung. Die hat jetzt sogar Leuchttürme für Privatinvestoren zum Verkauf ausgeschrieben, freilich mit der Auflage, dass sie in Hotels umgewandelt werden. Allein auf den Balearen stehen 34 Leuchttürme.

Die Mannschaft um Premier Mariano Rajoy will vom neu entfachten Interesse der ausländischen Investoren profitieren. In einem im Herbst verabschiedeten Gesetz, das den schönen Namen "Ley de Emprendedores" ("Gesetz für Unternehmer") trägt, wird erstmals Ausländern, die mehr als 500.000 Euro für Immobilien ausgeben, eine Aufenthaltsgenehmigung erteilt. Im Visier hat die Regierung hier auch die zahlungskräftige chinesische Klientel. Schon in der Heimat wird den Chinesen eine Auswahl von Luxusimmobilien präsentiert, um die Organisation der Reise und die Abwicklung von Käufen kümmern sich spezialisierte Anwaltskanzleien wie etwa Roca Junyent, die eine eigene Niederlassung in Shanghai gegründet hat. "Wir hoffen, dass wir dieses Jahr 100 Transaktionen im Wert von mehr als 50 Millionen Euro unter Dach und Fach bringen", sagte ein Mitarbeiter der Kanzlei der Wirtschaftszeitung "Expansión".

Finanzberater Echavarren ist hocherfreut, bringt doch die Initiative der Regierung auch ihm viele neue Kunden. "Bei uns wurde es Zeit für ein solches Gesetz, das es in Panama, Zypern oder Portugal schon längst gab."

Mittlerweile kommt fast jeder fünfte Immobilienkäufer in Spanien aus dem Ausland. In attraktiven Küstenregionen liegt dieser Prozentsatz sogar noch deutlich höher. Auf den Balearen, wo im vergangenen Jahr über 3500 Immobilien an Nichtspanier verkauft wurden, sind es 34 Prozent. Dort haben die Deutschen, traditionell die wichtigste Käufergruppe, Konkurrenz aus dem hohen Norden erhalten, nämlich von den Schweden, schreibt das auf Mallorca erscheinende Segelmagazin "Gaceta Nautica". Doch auch in anderen Regionen ist der Anteil der ausländischen Käufer überproportional gestiegen, im katalanischen Gerona liegt er bereits bei 40 Prozent, in Santa Cruz de Tenerife bei 43 Prozent.

In absoluten Zahlen ist freilich Alicante Spitzenreiter. Hier an der Costa Blanca erwarben Ausländer im vergangenen Jahr fast 13.000 Wohnungen, allen voran die Briten. Auch Russen und Algerier, die von den neuen Visabestimmungen profitieren, waren verstärkt auf dem Markt, gefolgt von Norwegern.

400 Kilometer weiter südlich, an der Costa del Sol, sorgte die Nachfrage aus dem Ausland dafür, dass der Wohnungsmarkt nach sechs Jahren Krise endlich wieder wuchs, berichtet die Tageszeitung "El Sur" aus Malaga. Gefragt waren in letzter Zeit vor allem gebrauchte Immobilien, deren Preise während der Krise am meisten gesunken waren. Bei dem Immobilienportal Globaliza.com spricht man mittlerweile von einem neuen Low-Cost-Segment. Fast jede dritte Wohnung bei Globaliza.com ist derzeit für unter 100.000 Euro zu haben – vor der Krise war das Angebot in diesem Preissegment praktisch nicht existent.

Jetzt könnte bald die Talsohle erreicht sein. Der Ratingagentur Standard & Poor's zufolge könnten sich die Immobilien dieses Jahr noch etwa um fünf Prozent verbilligen, für das kommende Jahr wird nur noch mit einem Rückgang von einem Prozent gerechnet. "Fast kann man schon von einem Gleichgewicht auf dem Immobilienmarkt sprechen", sagte Echavarren. Und dann fügte er hinzu: "Beeilt euch, Leute."

(Quelle: Axel Springer SE 2014 DIE WELT)

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