Mittwoch, 14. März 2012

Grenzenlos Erben und Vererben leicht gemacht / Verordnung des Europäischen Parlaments

Die Finca in Spanien soll künftig grenzenlos vererbt werden können, wenn ihr nicht-spanischer Besitzer stirbt. Und auch das Erbe einer Italienerin, die mit einem Deutschen verheiratet war und in Belgien lebte, soll problemloser geregelt werden. Ein neuer EU-weit gültiger Erbschein macht's möglich.



Je mehr sich die Bürger in der Europäischen Union hin- und her bewegen, desto öfter kommt es vor, dass sie nicht in dem Land sterben, in dem sie geboren wurden oder dessen Staatsangehörigkeit sie besitzen. Das gilt für den Großvater, der seinen Lebensabend auf Mallorca verbracht hat und seinen Kindern in Deutschland ein Haus in Spanien hinterlässt.

Das gilt aber auch besonders für grenznahe Regionen, etwa an der deutsch-französischen Grenze. Hier kennt sich der rheinland-pfälzische Europaabgeordnete Kurt Lechner gut aus. "Ein Badener oder ein Pfälzer wohnt im Elsass. Wenn er stirbt, bestimmt das deutsche Recht: Er wird nach deutschem Recht beerbt, auch mit seinem Vermögen in Frankreich. Das französische Recht sagt: Er wird nach französischem Recht beerbt, auch mit seinem Vermögen in Deutschland. Und dann ist der Fall nicht lösbar."

Den Erben bleibt dann nur der Gang zum Anwalt. Endlose Briefwechsel sorgen dafür, dass die Erben es sehr schwer haben, an das Vermächtnis ihres Angehörigen im Ausland heranzukommen. Das soll sich nun ändern. Das EU-Parlament in Straßburg beschloss eine Verordnung, nach der für jeden Erbfall nur noch ein EU-Mitgliedsstaat zuständig sein wird.

Wer etwas zu vererben hat, kann rechtzeitig entscheiden, nach welchem Recht er seinen Nachlass weitergeben will, so die neue EU-Verordnung: "Sie bestimmt, dass jetzt künftig jeder Bürger sein Heimatrecht, also sein Staatsangehörigkeitsrecht, als das für ihn maßgebliche Erbrecht wählen kann", erklärt Lechner. Das gelte dann in ganz Europa. "Tut er das nicht, dann gilt das Recht des Staates, wo er zum Zeitpunkt seines Todes seinen Lebensmittelpunkt hatte. Und auch dieses Recht gilt dann für den ganzen Nachlass", sagt der EU-Politiker.

Europäischer Erbschein
Damit ist dann auch nur noch ein Gericht dafür zuständig, den Erbfall zu regeln. Wer schließlich wie viel bekommt und wie viel Steuern gezahlt werden müssen, bleibt weiter Sache des jeweiligen EU-Staates und wird von der Neuregelung nicht berührt. Sie legt nur die rechtliche Zuständigkeit innerhalb der Europäischen Union fest.

Sind die Erben festgestellt, soll es künftig nur noch einen schriftlichen Nachweis geben, der europaweit anerkannt werden muss. "Wir schaffen, übrigens nach dem Vorbild Deutschlands, einen europäischen Erbschein", sagt Lechner. Dieses Nachlasszeugnis könne in ganz Europa verwendet werden. "Es muss auch anerkannt werden, um zum Beispiel Eintragungen in Register vorzunehmen, in Grundbücher, aber auch um Gegenstände zu verkaufen, über Bankkonten zu verfügen und Ähnliches. Das ist ein riesiger Fortschritt."

Noch drei Jahre durchhalten
Zweieinhalb Jahre hat es gedauert, bis Lechner diese Regelungen durchbekommen hat. Wenn - wie erwartet - die EU-Regierungen in Kürze zustimmen, werden die neuen Regeln zum europäischen Erbrecht in gut drei Jahren gelten. Der deutsche Europaabgeordnete hatte im Europäischen Parlament die Federführung für diese Verordnung. Der Christdemokrat aus Kaiserslautern wird in diesem Jahr selbst 70 Jahre alt und scheidet aus dem Europäischen Parlament aus. Sein gut gelaunter Rat an alle, die das neue Erbrecht betreffen könnte: "Wenn Sie betroffen sind, sollten Sie zusehen, dass Sie die nächsten drei Jahre noch herumbringen, um in den Genuss dieser Verordnung zu kommen." (Quelle Tagesschau.de / Cai Rienäcker / SWR)

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