Das Land führt zum ersten Mal mehr Waren in die EU aus, als es von dort importiert.
MADRID. Eine gute Meldung in einem Meer schlechter Nachrichten: Spanien hat in den ersten sechs Monaten dieses Jahres zum ersten Mal mehr Waren in den Rest der EU exportiert als von dort importiert. Der Handelsbilanzüberschuss mit den EU-Partnern (die zwei Drittel aller spanischen Ausfuhren aufnehmen) erreichte knapp 1,6 Milliarden Euro.
Das Gesamtbild dagegen ist immer noch etwas weniger beeindruckend. Beim Handel mit allen Ländern der Welt kommt Spanien in diesem Zeitraum auf ein Defizit von rund 24 Milliarden Euro. Verantwortlich für dieses Defizit sind vor allem die Öl- und Gasimporte.
Trotzdem stimmt die Tendenz: Nach den wilden Boomjahren zwischen 1994 bis 2007, in denen Spanien stetig mehr Produkte aus dem Ausland einkaufte, als es dorthin verkaufte, beginnt die Bilanz nun ins Gleichgewicht zu kommen. Die erste Ursache für diese Annäherung ans Gleichgewicht ist die Krise selbst. Nach dem Zusammenbruch des völlig überhitzten Immobilienmarktes rutschte Spanien in die Rezession, in deren Folge auch die Importe einbrachen: 2009 um mehr als ein Viertel gegenüber dem Vorjahr. Auch die Exporte gingen zurück, allerdings nur um gut 15 Prozent. Seitdem hat der Handel mit dem Ausland wieder kräftig angezogen, die Exporte deutlich mehr als die Importe. Spanien führt unter anderem Nahrungsmittel und Automobile aus. Im ersten Halbjahr stieg der Wert der Verkäufe ins Ausland um 18,5 Prozent, der der Einkäufe im Ausland um 12,4 Prozent. Spanien ist auf dem langsamen Weg zur ausgeglichenen Handelsbilanz.
Diese gute Nachricht hat Spanien bitter nötig. Der private Verbrauch zieht nicht an, die Unternehmen halten sich bei den Investitionen zurück, die öffentlichen Haushalte sparen, um ihre ehrgeizigen Defizitziele zu erreichen. Aller Segen kommt zurzeit von außen: von der Auslandsnachfrage nach spanischen Produkten und von den ausländischen Touristen, die (mutmaßlich wegen der Unruhen in der arabischen Welt) ihre Liebe zu Spanien wiederentdeckt haben. Die Wirtschaftsleistung des Landes ist im zweiten Quartal dieses Jahres um 0,7 Prozent gegenüber dem selben Vorjahreszeitraum gewachsen.
Vor allem größere Unternehmen sind auf dem Weltmarkt stark
Spaniens Problem ist eine niedrige Produktivität, die eine geringe internationale Wettbewerbsfähigkeit zur Folge hat. Doch was für die Volkswirtschaft als Ganzes gilt, sieht im Falle der größeren, exportorientierten Unternehmen anders aus. "Die Beständigkeit der spanischen Exporte hat viel mit der hohen Wettbewerbsfähigkeit dieser kleinen Gruppe großer Unternehmen zu tun",erklärt der katalanische Wirtschaftsprofessor Pol Antràs. Es sind 100 000 Firmen, die sich auf den Weltmarkt gewagt haben. Der große Rest der insgesamt mehr als drei Millionen spanischen Unternehmen macht nur im Inland Geschäfte. Die Hoffnung der Analysten ist, dass sich immer mehr der Kleinen von den Erfolgen der Großen inspirieren lassen. (badische zeitung)
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